Interview mit Mariia Manko: «Das Schach half mir durchzuhalten»

Sie ist mehrfache ukrainische Nachwuchsmeisterin, wurde 2022 U16-Europameistertin, in diesem Jahr erste Bundesmeisterin in der Geschichte des Schweizer Schachs und spielt nun nach ihrer Flucht aus der Ukraine für die Schweizer Damen-Nationalmannschaft. WFM Mariia Manko hat trotz ihres jugendlichen Alters schon viel erlebt – auf und neben dem Schachbrett. Die «SSZ» führte mit der im Kanton Fribourg wohnhaften 15-jährigen Nachwuchsspielerin ein interessantes Gespräch.

«SSZ»: Am 21. Mai wurden Sie in Ittigen als Startnummer 14 des Hauptturniers I überraschend – und zudem als erste Frau in der 99-jährigen Geschichte des Bundesturniers – Bundesmeisterin. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen denkwürdigen Tag?

Mariia Manko: Es wird Sie vielleicht erstaunen, aber ich wusste gar nicht, dass ich den Titel holen konnte! Die erste Person, die mir sagte, dass ich Bundesmeisterin geworden war, war Peter Wyss (Anmerkung: der frühere Zentralpräsident des Schweizerischen Schachbundes). Als die letzte Runde vorbei war, kam er auf mich und meine Mutter zu und gratulierte mir. Das war ein echter Schock für mich, wir konnten es nicht glauben!

Wie haben Sie den Titelgewinn gefeiert?

Wir haben lange mit meinem Vater telefoniert, er war sehr glücklich. Mein Trainer Mykhaylo Brodskiy gratulierte mir ebenso wie meine Klubkolleginnen und -kollegen von Payerne und viele weitere Leute. Ich habe mich wirklich sehr gefreut. Und die Feierlichkeiten sind noch nicht zu Ende. Denn der Schachklub Payerne organisiert am 28. Oktober eine besondere Veranstaltung, um mir und Theo Stijve, der in diesem Jahr Internationaler Meister geworden ist, zu unseren Erfolgen zu gratulieren. Das ist eine grosse Ehre für mich.

Mit einer Niederlage in der 2. Runde gegen Cédric Hirzel und einem Remis in der 3. Runde gegen Marc Jud – beide Spieler lagen in der Startrangliste deutlich hinter Ihnen – verzeichneten Sie einen veritablen Fehlstart. Ehrlich gesagt: Rechneten Sie danach noch damit, so weit nach vorne zu kommen?

Ich wollte das Turnier einfach gut zu Ende spielen. Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich in einem Turnier eine solche Situation erlebt habe. Also beschloss ich, Spiel zu Spiel zu nehmen und nur daran zu denken, wie ich die nächste Partie gewinnen kann.

Welche Bedeutung hat der Bundesmeistertitel in Ihrer noch jungen Karriere?

Er bedeutet mir sehr viel – und ich kann es immer noch nicht recht glauben, dass ich das geschafft habe. Es ist für mich jedoch auch ein Ansporn, weiter zu trainieren, um mein Niveau zu verbessern und neue Höhen zu erklimmen.

Haben Sie für Grossanlässe ein spezielles Geheimnis, eine bestimmte Routine oder ein besonderes Ritual, auf das Sie Ihre Erfolge zurückführen?

Ich bin überzeugt, dass man, wenn man an Rituale oder Ähnliches glaubt, weniger Vertrauen in sich selbst, in seine Vorbereitung und in sein Team hat. Ich versuche deshalb einfach, mein Bestes zu geben, an diesem Tag und in dieser Partie die beste Version meiner selber zu sein. Und mich natürlich gut auf ein Turnier vorzubereiten.

Lesen Sie das komplette Interview in «SSZ» 5/23!

 

Mariia Manko: «Der Bundesmeisterin-Titel bedeutet mir sehr viel – und ich kann es immer noch nicht recht glauben, dass ich das geschafft habe.»